In meiner täglichen Arbeit als HR-Partner und Coach habe ich immer wieder erlebt, wie entscheidend Kommunikation und Respekt im Bewerbungsprozess sind. Diese beiden Faktoren legen den Grundstein für eine zielführende und nachhaltige Zusammenarbeit. Sie schaffen eine Atmosphäre, in der sich beide Seiten auf Augenhöhe begegnen können. Dieser Prozess beginnt nicht erst im Vorstellungsgespräch, sondern schon mit der erste Nachricht.
Kommunikation ist mehr als nur Worte
Wie oft erlebe ich, dass der Ton einer Nachricht oder die Art der Kommunikation bereits die Qualität eines Gesprächs beeinflussen. Kurze, knappe Formulierungen wie „Bitte reichen Sie Ihre Unterlagen bis Ende der Woche ein“ vermitteln oft das Gefühl, dass keine Zeit für die Person auf der anderen Seite bleibt. Dabei nehmen sich Bewerbende viel Zeit, um ihre Unterlagen vorzubereiten und durchdachte E-Mails zu verfassen. Warum nicht auch im Gegenzug etwas mehr Zeit investieren, um eine wertschätzende Antwort zu schreiben?
Wie heißt es so schön: „Wie es in den Wald hineinschallt, so schallt es wieder heraus.“ Kommunikation ist weit mehr als nur Informationsaustausch. Sie vermittelt Haltung, Wertschätzung und beeinflusst den gesamten Bewerbungsprozess.
Die Rolle von Daten im Bewerbungsprozess
Viele Unternehmen digitalisieren ihre Bewerbungsprozesse und setzen auf datengetriebene Technologien, um effizienter zu arbeiten. Diese Tools analysieren Bewerberprofile anhand vorgegebener Kriterien, oft in Form von Schlagwörtern oder Algorithmen, die vermeintlich die besten Kandidat*innen identifizieren sollen.
Doch genau hier liegt das Risiko. Daten allein können zwischenmenschliche Faktoren wie Motivation, Werte oder Kommunikationsfähigkeiten nicht erfassen. Je stärker sich Unternehmen auf solche Systeme verlassen, desto größer ist die Gefahr, dass potenzielle Talente übersehen werden.
In meinem vorherigen Artikel über Big Data im HR-Management habe ich bereits betont, dass Datenanalysen wertvoll sind, wenn sie kontextsensitiv und zielgerichtet eingesetzt werden. Doch die Gefahr der „Datenfalle“ besteht darin, dass Algorithmen falsche Prioritäten setzen und das Menschliche in den Hintergrund gerät. Ein Beispiel: Ein Unternehmen filterte Bewerbende anhand automatisierter Systeme. Dadurch wurden qualifizierte Personen abgelehnt, weil ihre Kompetenzen nicht in den vorgegebenen Schlüsselwörtern beschrieben waren. Chamorro-Premuzic und Adler (2019) warnen: „Algorithmen im Recruiting können nicht alle wichtigen Qualitäten eines Menschen erfassen, insbesondere nicht die weichen Faktoren, die für den langfristigen Erfolg entscheidend sind.“
Respekt: Eine universelle Sprache
Respekt kennt keine kulturellen Grenzen. In meiner Arbeit mit Menschen aus unterschiedlichen Kulturkreisen habe ich gelernt, dass Respekt in allen Gesellschaften ein zentraler Wert ist. Es geht nicht darum, ob jemand aus einem anderen Land oder einer anderen Branche kommt, denn Respekt zeigt sich in der Art, wie wir miteinander umgehen und wie ernst wir die Person gegenüber nehmen.
Automatisierte Absagen wie „Leider hat sich unsere Entscheidung für eine andere Kandidatin ergeben“ sind respektlos und bieten keine Rückmeldung, die den Bewerbenden weiterhilft.
Eine solche Kommunikation signalisiert, dass der Mensch hinter der Bewerbung gar nicht wahrgenommen wurde.
Zeit und Aufmerksamkeit als Zeichen von Wertschätzung
Je mehr Zeit sich Unternehmen für ihre Bewerbenden und Bewerbende für Unternehmen ihrer Wahl nehmen, desto mehr zeigt dies echtes Interesse und Respekt. Diese Wertschätzung spiegelt sich im gesamten Prozess wider und legt den Grundstein für eine langfristige Zusammenarbeit. Nur durch offene Kommunikation, aktives Zuhören und gegenseitiges Verständnis kann ein authentisches und zielführendes Gespräch entstehen.
Fazit
Ein respektvoller Bewerbungsprozess ist keine Garantie für eine perfekte Zusammenarbeit, aber er schafft die Grundlage dafür. Unternehmen, die sich Zeit nehmen, transparent kommunizieren und Wert auf zwischenmenschliche Aspekte legen, haben langfristig die besseren Karten, sowohl bei der Rekrutierung als auch bei der Bindung von Talenten.
Die Kombination aus datenbasierten Ansätzen und einem respektvollen Umgang bietet die beste Basis für eine erfolgreiche Talentgewinnung. Algorithmen können nützlich sein, wenn sie durch menschliche Expertise ergänzt werden und keine Entscheidungen allein treffen. Ein gutes Recruiting verbindet die Stärken von Big Data mit der Fähigkeit, individuelle Potenziale zu erkennen und wertzuschätzen.
Wie sieht der Bewerbungsprozess in deinem Unternehmen aus? Nutzt ihr Datenanalysen, um die besten Talente zu finden, und wie sorgt ihr dafür, dass der menschliche Aspekt nicht verloren geht?